Samstag, 15. November 2014

CDU/CSU warnt vor anonymer WLAN-Nutzung

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sieht zwar das große Potenzial einer flächendeckenden Versorgung mit drahtlosem Internet, lehnt den Vorstoß der Opposition zum Verringern des Haftungsrisikos für Hotspot-Betreiber aber ab.

Der Bundestag hat am Freitag den Gesetzentwurf der Linken und der Grünen, der privaten und kommerziellen WLAN-Anbietern mehr Rechtssicherheit verschaffen soll, in 1. Lesung lebhaft diskutiert. "Die Potenziale aus einer flächendeckenden WLAN-Versorgung sind vielfältig", betonte dabei Hansjörg Durz im Namen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Der Vorschlag der Opposition, das "Providerprivileg" und die damit verknüpfte Haftungsfreistellung auf kommerzielle und private WLAN-Betreiber zu erweitern, sei aber "zu simpel".

Durz räumte ein, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur "Störerhaftung" die "Gefahr teurer Abmahnungen bei Rechtsverletzungen Dritter" für Hotspot-Anbieter mit sich bringe. Dies sei ein "wesentlicher Hemmschuh" für die durchaus gewünschte WLAN-Entwicklung hierzulande. Der Vorstoß von Linken und Grünen schlage aber keine Lösungen etwa für Rechtsverletzungen Dritter vor.

Dem CSU-Politiker zufolge ist auch darauf zu achten, dass die IT-Sicherheit gewahrt bleibt und "keine Einfalltore für anonyme Kriminalität entstehen". Die Koalition wolle daher den $(LB1125860:angekündigten)$ einschlägigen Gesetzentwurf der Bundesregierung abwarten, der hoffentlich einen "praktikableren Weg" finde.

"Sie wollen einen Schnellschuss", warf Durz' Fraktionskollege Axel Knoerig der Opposition vor. Ein solcher gehe aber zu Lasten der Rechteinhaber und IT-Sicherheit. "Es darf keinen Freifahrtschein für Urheberrechtsverletzer geben", unterstrich der Christdemokrat. Kriminelle dürften sich nicht länger in offenen WLANs ohne Registrierung vor der Strafverfolgung verstecken. Im Kern gehe es darum, vorausschauend, verantwortungsvoll und ausgewogen "gewerbliche Anbieter zu schützen".

"Wir werden auf einen angemessenen Ausgleich aller Beteiligten hinarbeiten, auch der Rechteinhaber", ergänzte Christian Flisek von der SPD-Fraktion. Auch die Sozialdemokraten würden dem Entwurf daher "jetzt nicht zustimmen, weil wir einen eigenen erarbeiten werden".

Zuvor hatte SPD-Abgeordnete Marcus Held die Oppositionsinitiative in höchsten Tönen gelobt: "Ich danke den Antragsstellern für ihren Impuls." Grüne und Line hätten auf Basis eines Vorschlags der Zivilgesellschaft "einen Musterentwurf vorgelegt". Dieser werde in die weiteren Überlegungen der Koalition einbezogen. Das Recht auf freie und unbeobachtete Kommunikation habe Verfassungsrang; WLAN-Nutzer dürften daher nicht unter Generalverdacht stehen.

"Die Liste derer, die sich für eine Reform einsetzen, ist lang", warb der grüne Netzexperte Konstantin von Notz für das Vorhaben. Er nannte etwa den Bundesrat, die Justizministerkonferenz, zahlreiche Wirtschaftsverbände und die Enquete-Kommission des Bundestags zur digitalen Gesellschaft aus der vergangenen Legislaturperiode. Auch die Bundesregierung wolle Deutschland zum digitalen Wachstumsland Nummer Eins machen, kriege es aber nicht einmal hin, die Störerhaftung zu entschärfen, und scheitere so schon beim kleinen Einmaleins.

Nun drängt die Koalition von Notz zufolge auf ein "Vermummungsverbot im Internet", wobei "alte Ressentiments" vor allem bei der Union wieder durchschlügen. Der Grüne appellierte an Schwarz Rot, endlich das möglich zu machen, was überall auf der Welt mit Ausnahme von China, Russland und Nordkorea gelte.

Der derzeitige Rechtszustand sei "verheerend", beklagte die Linke Halina Wawzyniak. Nur 15.000 von einer Million Hotspots seien hierzulande frei zugänglich. Dabei lägen die Vorteile offener WLANs auf der Hand. Sie könnten etwa helfen, die digitale Spaltung der Gesellschaft zu verringern. Die Störerhaftung verglich die Netzpolitikerin mit einem Unfall, bei dem für ein Auffahren auf das Vorderfahrzeug ein Dritter belangt werde, der die Straße zur Verfügung gestellt habe.

Langfassung eines Beitrags für heise online.

Mittwoch, 5. November 2014

D21-Digital-Index: Stillstand bei der vernetzten Gesellschaft

Deutschland ist 2014 auf dem Weg in die digitale Gesellschaft im Vergleich zum Vorjahr nur um 0,1 Indexpunkte vorangekommen, geht aus einer Studie der Initiative D21 hervor. Fast ein Viertel der Deutschen bleibt offline.

Der digitale Wandel ist in Deutschland nach wie vor nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen. 76,8 Prozent der Bundesbürger ab 14 Jahren nutzen aktuell das Internet, während es 2013 noch 76,5 Prozent waren. Parallel hat sich auch der Gesamtindex, der für den Grad der gesellschaftlichen Digitalisierung der Bevölkerung in ihrer Vielschichtigkeit zwischen Privat- und Arbeitsleben stehen soll, in den vergangenen anderthalb Jahren von 51,2 auf 51,3 Punkten kaum nach oben bewegt. Dies geht aus einer am Mittwoch veröffentlichten Studie von TNS Infratest im Auftrag der Initiative D21 hervor.

Wer hierzulande drin ist, verbringt zwar durchschnittlich drei Stunden online, ist im erweiterten (N)onliner-Atlas nachzulesen. Fast alle Nutzer suchen im Netz nach Inhalten und Informationen. E-Commerce und Videos gucken sind für zwei Drittel der Internetnutzer regelmäßige Praktiken und Cloud-Anwendungen finden verstärkt Zuspruch. Der Anteil der weniger im Netz aktiven Nutzertypen ist 2014 auch leicht gesunken. Dennoch besteht der Studie zufolge nach wie vor eine "strukturelle Benachteiligung" in der Online-Welt. Dieser digitale Graben werde durch Alter, Geschlecht, Bildung und Wohnort bestimmt. Das Schlusslicht digitaler Souveränität bildeten wieder die Senioren im Netz.

Sogar ein "sehr schwach ausgeprägtes Datenbewusstsein" haben die Forscher bei ihren rund 30.000 Telefoninterviews zwischen Februar und April sowie einer vertieften Online-Befragung im Sommer bei den Deutschen ausgemacht, die doch eigentlich als Vorreiter beim Datenschutz gelten. 39 Prozent seien zwar bereit, für eine Sicherheitsgarantie zu bezahlen. Aber 14 Prozent möchten persönliche Informationen gegen einen kostenlosen Service tauschen. Insgesamt seien die Nutzerzahlen bei sozialen Netzwerken und datenschutzhungrigen Anwendungen wie WhatsApp hoch.

Es bestehe so eine "Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit", meinen die Autoren. Diese mache deutlich, dass es noch "massiven Aufklärungsbedarf" gebe und das "digitale Bauchgefühl" verbessert werden müsse. Möglichkeiten zum Selbstschutz würden kaum in Anspruch genommen.

An einzelnen Stellen schimmert Hoffnung durch. Berufstätige etwa verfügen mit 60,2 Punkten über einen höheren Digitalisierungsgrad als der Bundesdurchschnitt. Die Wirtschaft kann zudem auf digital versierten Nachwuchs setzen, denn die 14- bis 25-Jährigen haben mit 69 Punkten einen hohen Indexwert und so wohl entsprechende Ansprüche an ihren künftigen Arbeitsplatz. Gleichzeitig zeigt die Analyse aber auch eine Verschlechterung der Bedingungen für digitales Arbeiten, etwa durch eingeschränkte Internetzugänge im Beruf oder fehlende Weiterbildungen.

Der D21-Digital-Index beruht auf über 200 Faktoren, die in den Themenbereichen Zugang, Nutzungsvielfalt, Kompetenz und Offenheit zusammengefasst werden. Diese werden rechnerisch zu vier Subindizes verdichtet und münden mit unterschiedlicher Gewichtung in der übergreifenden Gesamtmaßzahl. Die Marktforscher überprüfen die "Währung", die auf einer Skala zwischen 0 und der Idealgröße 100 dargestellt wird, nach eigenen Angaben durch Diskussionen mit Experten. Diese haben der Kompetenz im Umgang mit digitalen Medien mit 40 Prozent die höchste Gewichtung zuerkannt, gefolgt von der Zugangsdimension.

Im Großen und Ganzen attestiert die Untersuchung den Deutschen "Stillstand beim Souveränitätsaufbau" rund um die Welt aus Einsen und Nullen. Der Unterindex Zugang verzeichnet zwar eine leichte Verbesserung von 54 auf 57 Punkte. So ist etwa der Anteil der Smartphone-Besitzer um zwölf Punkte von 41 auf 53 Prozent angestiegen. Andererseits ist die Breitbandnutzung nur von 58,3 auf 59,2 Prozent ganz leicht nach oben gegangen.

Auffällig ist der Rückgang der Kompetenz um 2,5 Indexpunkte auf 48. Dies sei vor dem Hintergrund zu sehen, heißt es erläuternd, dass "die Komplexität der Berichterstattung zu digitalen Themen nach den Datenskandalen und Snowden-Enthüllungen deutlich angestiegen" sei.

Etwa drei Viertel der Deutschen ab 14 Jahren konnten die Begriffe Antivirensoftware, Homepage oder soziale Netzwerke erklären. Sieben von zehn Befragten hatten eine Erläuterung für Apps parat. Mit fast allen übrigen abgefragten Begriffe konnte weniger als die Hälfte der Bundesbürger Genaueres anfangen. Darunter sind im IT-Bereich gängige Wörter wie Cookies, Cloud, LTE ebenso wie Fachbegriffe wie Smart Grid, worunter nur sechs Prozent Details verbinden.

Sechs von zehn Deutschen ab 14 Jahren sehen viele Vorteile für sich in der Internetnutzung und suchen Informationen zuerst im Netz. Auf gleichem Niveau ist die Sorge, dass persönliche Daten im Internet abhanden gehen könnten. Andererseits begegnen einige Menschen der digitalen Welt mit größtmöglicher Zurückhaltung oder gar Ängsten: Ein Fünftel der Bevölkerung versucht, das Internet weitestgehend zu meiden. 16 Prozent haben Angst vorm Surfen oder Mailen, da sie sich ihrer Meinung nach zu wenig mit Computer-, Internet- und Technikthemen auskennen.

Bei den ausgemachten Nutzertypen notieren die Verfasser, dass der Anteil der "digital Souveränen" gegenüber 2013 leicht zugenommen habe. Ins Auge steche der Zuwachs an "smarten Mobilisten", die statt drei jetzt sechs Prozent stellten. Auch der "reflektierte Profi" habe sich um drei Punkte auf 18 Prozent ausgedehnt. "Außenstehende Skeptiker", die zusammen mit den "häuslichen Gelegenheitsnutzern" nach wie vor mit insgesamt 56 Prozent die größten Gruppen bilden, und "vorsichtige Pragmatiker" hätten sich parallel um je drei Prozentpunkte verkleinert. In die Königskategorie der "passionierten Onliner" werden statt 15 nur noch 13 Prozent eingeordnet.

"Wir müssen von einer Angst- zu einer Gestaltungsdebatte kommen", forderte D21-Vizepräsident Robert Wieland anhand der Resultate. Vor allem beim Fördern digitaler Kompetenzen bestehe "kontinuierlicher Handlungsbedarf", unterstrich der TNS-Infratest-Geschäftsführer. Es werde immer schwerer, neue Nutzergruppen zu erschließen. "Nicht wirklich überraschend" fand Brigitte Zypries (SPD), parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, die Ergebnisse. Sie sollten als Diskussionsgrundlage dienen, "wo wir besser werden können ". Es müsse aber "auch nicht jeder das Internet nutzen, um glücklich zu werden".

Langfassung eines Beitrags für heise online.

Mittwoch, 22. Oktober 2014

Ex-Google-Anwältin soll Chefin des US-Patentamts werden

Das Weiße Haus hat Michelle Lee als neue Direktorin des US-Patentamts auserkoren. Zu ihrer Zeit bei Google hatte sie als Expertin für gewerblichen Rechtsschutz von einer "Krise" des US-amerikanischen Patentsystems gesprochen.

Geht es nach US-Präsident Barack Obama, soll erstmals eine vormalige Vertreterin der Internetwirtschaft das US-Patentamt leiten: das Weiße Haus hat mit Michelle Lee eine frühere Google-Rechtsanwältin für den Chefposten nominiert. Die Personalentscheidung muss nun noch vom US-Kongress bestätigt werden.

Lee gründete 2012 eine Filiale der Behörde im Silicon Valley und stieg rasch bis zur Vizepräsidenten des gesamten Amtes auf. Nachdem der bisherige Direktor, der frühere IBM-Patentanwalt David Kappos, im Februar 2013 ausgeschieden war, hatte sie zwischenzeitlich bereits dessen Aufgaben stellvertretend wahrgenommen. Dass sie nach der langen Übergangszeit nun die Behördenführung übernehmen soll, könnte Beobachtern zufolge auch damit zusammenhängen, dass mittlerweile mit Megan Smith eine andere frühere Google-Managerin Cheftechnologin im Weißen Haus geworden ist.

Die aus einer Einwandererfamilie stammende Expertin schloss ihre Studien mit Abschlüssen in Elektrotechnik und Informatik am Massachusetts Institute of Technology (MIT) sowie in Jura an der Universität Stanford ab. Als sie bei Google angestellt war, warnte sie 2007 vor einer"Krise" des US-Patentsystems. Das Patentamt sei überlastet, was man an der schlechten Qualität der vergebenen gewerblichen Schutzrechte sehe, monierte sie. Zudem bleibe zuviel Raum für Patent-Trolle. Verschiedene gesetzgeberische Anläufe für eine umfassende Reform des Patentwesens sind seitdem nicht weit gekommen.

Als Amtsleiterin wird sich Lee vor allem mit dem Rückstau unerledigter Patentanträge konfrontiert sehen. Im Dezember 2011 lag dieser bei 722.00 offenen Anmeldungen, im September waren noch 605.646 Gesuche unentschieden. Im Durchschnitt liegt ein Gesuch derzeit über 27 Monate bei der Behörde, bevor ein Prüfbescheid ergeht. Zwischen 2005 und 2010 lag die Rate der Genehmigung von Anträgen bei rund 60 Prozent. US-Handelsministerin Penny Pritzker zeigte sich zuversichtlich, dass Lee ihre neue Position gut ausfüllen und so dafür sorgen werde, dass die USA ihre globale Innovationsführung beibehielten.

Freitag, 28. März 2014

Kritik am Vorstoß der Bundesnetzagentur gegen Zwangsrouter

Der Free Software Foundation Europe und dem Chaos Computer Club geht der Entwurf der Bundesnetzagentur für eine "Transparenzverordnung" vor allem bei der Möglichkeit, alternative Router einzusetzen, nicht weit genug.

Die Bundesnetzagentur hat sich mit ihrer Initiative für mehr Durchsichtigkeit im Telekommunikationsmarkt Kritik eingehandelt. Prinzipiell seien die Ideen in dem im vorigen Monat präsentierten Verordnungsentwurf zwar begrüßenswert, halten die Free Software Foundation Europe (FSFE) und der Chaos Computer Club (CCC) in einer jetzt veröffentlichten gemeinsamen Stellungnahme (PDF-Datei) fest. Faktisch bleibe es damit aber beim "Routerzwang", den die große Koalition eigentlich abschaffen will.

Einige Provider schreiben derzeit ihren Kunden den Einsatz eines vom Provider vorgegebene Routers vor: sie geben keine Zugangsinformationen mehr heraus, mit denen Nutzer eigene Internetanschlussgeräte konfigurieren könnten. Die Regulierungsbehörde hatte dies Praxis zunächst abgesegnet, will nach vielfältigen Protesten auch aus der Politik jetzt aber dagegen vorgehen.

Laut dem Verordnungsentwurf müssten Provider Kunden die benötigten Zugangsdaten aber nur "auf Verlangen" herausgeben. Die widerspreche klar der im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Absicht von Schwarz-Rot, wonach die Informationen "unaufgefordert mitzuteilen" seien, monieren die FSFE und der CCC. Sie fordern stattdessen, dass für eine freie Wahl des Endgeräts auch "die verwendeten Standards, Protokolle" und einschlägigen Spezifikationen anzugeben seien. Sonst werde der Verbraucher vor unnötige Hürden gestellt, wenn er sein Auswahlrecht ausüben wolle. Die gesamten Angaben sollten auf dem geplanten "Produktdatenblatt" Kunden mitgegeben werden.

Die Vereine kritisieren weiter, dass die Definition des "Netzabschlusspunkts" trotz einer eigens dafür im November durchgeführten Anhörung noch immer nicht geklärt sei. In dieser Frage geht es etwa darum, an welcher Stelle die Verantwortung des Netzbetreibers für das System aufhört und bis wohin etwa Fernwartungsfunktionen durchgeführt werden dürfen.


Die Regulierungsbehörde will Anbieter zudem verpflichten, den Verbraucher nach der Anschlussschaltung direkt auf Möglichkeiten hinzuweisen, seine Bandbreite zu messen, oder ihm dazu eigene Verfahren zur Verfügung zu stellen. Hier bemängeln die Hacker, dass die Mechanismen und Details der Messung dem Vorhaben zunächst nur der Netzagentur mitzuteilen seien, nicht aber den Kunden. Dies schränke die angestrebte Transparenz künstlich ein und mache die Verfahren nicht nachvollziehbar.

Industrieverbände haben zu dem Entwurf noch keine Stellung bezogen. Beim Bitkom ist eine entsprechende Position noch in der Abstimmung, der Providerverband eco möchte sich zu dem Thema nicht zu Wort melden.